Bye Bye Fulltime-Vanlife – BIANCA DILLMANN

Was hat der Januar nur an sich? Ich lege schon lange keinen Wert mehr auf Neujahrvorsätze und doch hat sich mein Leben zum neuen Jahr schlagartig ganz schön verändert. Louie ist einer Wohnung gewichen und statt der gewohnt weiten Landschaften, schaue ich nun auf mächtig viele Klinker. Wie ist das nur passiert?

Nachdem ich für 3 Monate im Allgäu gelebt, geliebt und gearbeitet habe, bin ich in meine Heimat zurückgekehrt, weil ich noch keinen neuen Plan hatte. Dort zu bleiben, steht für mich schon lange nicht mehr zur Debatte, aber ich brauchte etwas Zeit, um mich neu zu sortieren.
Da ich mein Pferd zuletzt vor der großen Reise gesehen habe, beschloss ich, Largo zu besuchen. Er steht in der Nähe von Rostock, unweit von der Ostsee entfernt. Largo hat mich nach über 2 Jahren sofort wiedererkannt, als wäre ich nie weggewesen. Was für eine Erleichterung! Das war ehrlich gesagt meine größte Angst, dass er nicht reagiert und mich ignoriert, wenn ich ihn rufe. Alle anderen haben das getan, nur er nicht und kam zu mir gelaufen. So sehr ich diesem Besuch auch entgegengefiebert habe, so schnell war er auch wieder vorbei. Mein Pferd steht 24/7 auf einer riesigen Wiese mit vielen Kumpels und viel Fressen. Mehr braucht er nicht, also hält sich unsere gemeinsame Beschäftigung auch in Grenzen. Ein bisschen Kuscheln hier, haufenweise Möhrchen abstauben da und schon waren Figo und ich wieder auf dem Weg zurück zu Louie.

Weiter ging es ans Meer. Wir verbrachten ein paar Tage in und um Rostock, gingen viel spazieren aber so richtig habe ich es nicht gefühlt. Normalerweise ist die See ein Kraftort für mich, wo ich mich auf Anhieb wohlfühle und entspanne. Diesmal war es anders. Vielleicht lag es daran, dass die Ostsee nun, nach all den wunderschönen Orten in Südeuropa, eher ernüchternd für mich war, vielleicht lag es am tristen Wetter, vielleicht daran, dass ich keine schönen Spots zum Parken gefunden habe, vielleicht vielleicht… wer weiß das schon. Jedenfalls entschied ich mich, nicht weiter nach Fehmarn zu fahren, wie ursprünglich geplant – auch in Anbetracht des angekündigten Sturms.

Stattdessen zog es mich vom Meer weg und in die Lüneburger Heide. Und wer hätte das gedacht? Mitten in der Natur habe ich einen schönen Stellplatz gefunden und bereits beim Aussteigen habe ich gemerkt, wie ich mich entspannte. Endlich dieses lang ersehnte Gefühl! Und wer hätte gedacht, dass ich dafür weder Meer noch Berge brauchte. Der Weitblick über die Heidelandschaft war wunderschön und das nasskalte Wetter hat mir in dieser Atmosphäre plötzlich sogar gefallen.

Auf dem Rückweg besuchte ich noch Freunde aus meiner damaligen Reiterzeit und blieb dort für 2 Tage. Wie es der Zufall so wollte, sollte dieser Besuch der Wegweiser sein für ein neues Kapitel in meinem Leben. Sie erzählten mir von einer Freundin, die eine Hundemanufaktur in Erftstadt besitzt und Verstärkung für ihr Team sucht. Mein Bauch hatte keine Einwände, also fuhr ich spontan nach Erftstadt, um mich vorzustellen und um in den Ort und die Firma hineinzufühlen.

Danach ging alles ganz schnell. Ich fuhr kurz darauf erneut für 2 Tage nach Erftstadt, um mich einzuarbeiten, unterschrieb den Vertrag und entschied, eine freiwerdende Wohnung zu mieten.
So plötzlich es gerade klingen mag, so plötzlich war diese Entscheidung für mich gar nicht.

In den letzten Monaten brauchte ich immer öfter kurze Pausen vom Vanlife, war aber danach stets überglücklich, zurück in Louie zu sein. Spätestens seit diesem letzten Trip sah das anders aus. Ich war zunehmend genervt und gestresst von den Einschränkungen, die das Leben im Van so mit sich bringt, die mich zuvor aber nie wirklich gestört haben.
Als ich von der Wohnung erfuhr, die ich mieten könnte und Bilder sah, fühlte es sich richtig an, sie zu nehmen.
Ich bin nun seit über einem Monat hier und bisher habe ich an noch keinem Tag meine Entscheidungen bereut. Ich fühle mich in meinem neuen Job sehr wohl, mag die Arbeit, meine Arbeitskollegen und die vielen süßen, flauschigen Kunden. Ich genieße das Wohnungsleben, warme Duschen wann immer ich will, Strom soviel ich will, Platz für mich und für Figo zum Spielen, sich ausbreiten, Dinge einfach liegenlassen, weil sie nicht mehr durch die Gegend fliegen könnten, 2 Kochplatten und einen kleinen Backofen… Was für mich vor dem Vanlife völlig selbstverständlich war, nehme ich nun ganz anders wahr, fast als würde ich es neu erleben und bin dankbar dafür.

Mit Louie waren wir seitdem nur einmal für ein paar Stunden in der Eifel. Er war Anfang Januar erst noch in der Werkstatt, weil seine Injektoren nach 2 Jahren schon wieder den Geist aufgegeben haben. Hier vor Ort brauche ich ihn nicht, weil ich alles zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreiche. Ein bisschen leid tut er mir ja schon. Aber ich bin mir sicher, dass sich das auch wieder ändert und wir spätestens zum Frühling öfter Touren machen werden.